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Rettet die Wale - Walbeobachtung in Andenes

Rettet die Wale - Walbeobachtung in Andenes

Verfasst von am am 20.04.2018 um 18:31.

Mit der Beobachtung von Pottwalen vor der Küste des Städtchens Andenes ging ein Kindheitstraum in Erfüllung.

Ausgestattet mit diversen Sachbüchern und mein Zimmer mit Postern von Walen statt Popstars schmückend, war ich als Kind fest davon überzeugt, Meeresbiologin zu werden. Als Bewohnerin eines Binnenlandes hatte sich das aber als schwieriger erwiesen als gedacht, also blieb letztlich von meinem Vorhaben nur der Traum, die Meeresriesen eines Tages zumindest mit eigenen Augen und aus nächster Nähe in deren natürlichen Lebensraum beobachten zu können.

Kein Glück in Tromsø

Die größte Stadt Nordnorwegens gilt als idealer Ort, um Wale vor der Küste zu beobachten.  Dank der Lage am warmen Golfstrom herrscht in Tromsø ein milderes Klima als in anderen Orten im hohen Norden und das Meer rund um die Stadt bleibt auch im Winter eisfrei.

Ab Oktober ziehen Heringsschwärme in die Gewässer rund um die Stadt, die übrigens aufgrund ihres pulsierenden Lebens auch “Paris des Nordens” genannt wird, und locken Orcas und Buckelwale auf der Suche nach Nahrung an.

Leider wurde uns in Tromsø mitgeteilt, dass die Wale Anfang Oktober noch auf sich warten ließen und es keinen Sinn machen würde, sich nun aufs Meer zu begeben. Meine Enttäuschung war groß, doch hatten wir den Rat bekommen, unser Glück auf den Vesteralen, in einer kleinen Stadt an der Spitze der Insel Andoya zu versuchen. In einem kleinen Städtchen namens Andenes, so hieß es, seien Pottwale das ganze Jahr über vor der Küste anzutreffen.

Die Vesteralen, unser kleines Paradies

Lofoten ist meist die Antwort, wenn man nach den schönsten Plätzen Norwegens fragt. Das die “kleine Schwester” der Lofoten, die Inselgruppe der Vesteralen, nicht minder beeindruckend ist, hat sich uns sehr bald offenbart.

Auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde auf den Vesteralen verbrachten wir drei Nächte.

Auf den Pfaden die durch die Inseln der Vesteralen führen, fühlten wir uns wie seine ersten Entdecker - nur wir und die wilde Natur um uns. Wir fuhren einsam einen Weg entlang und sahen vor uns einen ausgewachsenen Elch stehen. Der war ob unseres Anblicks so überrascht, dass er auf dem nassen Weg ausrutschend und über die karge Felswand kletternd (!) das Weite suchte.

Einige Minuten nach dieser aufregenden Begegnung - wir standen noch vor dem Auto und mussten erst unsere erste Elchsichtung verdauen - bemerkten wir einen Seeadler über uns schwebend. Von uns völlig unbeeindruckt, landete er kurz darauf auf einem der wenigen Bäume der Landschaft unweit von uns.

Die Vesteralen haben uns in Erstaunen ersetzt, mit ihrer Ruhe und scheinbaren Unberührtheit. Wir fühlten uns fast ein bisschen ignorant, dass wir ohne den Tip aus Tromsø betreffend Walbeobachtung dieses umwerfende Fleckchen Erde auf den Weg zu den Lofoten vielleicht völlig links liegen hätten lassen. 

Wo ist der Pottwal?

Bevor es auf das Boot zur Beobachtung des Wale gehen konnte, wurden alle TeilnehmerInnen im Walzentrum von Andenes versammelt, um dort auf einer geführten Tour durch das Museum noch Informationen über die großen Meeressäugetiere zu erhalten.

Die Spannung steigt!

Als verkannte Meeresbiologin ertappte ich mich dabei, wie ich zu den Ausführungen der Mitarbeiterin des Walzentrums wissend nickte. Ich war erleichtert, dass die Möglichkeit einen Wal aus nächster Nähe beobachten zu können, mehr sein sollte als eine Touristenattraktion und laut den Anbietern auch die Wissensvermittlung über deren Lebensweisen und über die Bedrohung durch den Menschen Teil dieses Erlebnisses sein soll. Darüber hinaus werden bei jeder Ausfahrt von den MitarbeiterInnen des Walzentrums Aufzeichnung über die Sichtungen geführt und die Wale anhand des Umrisses der Flosse für Forschungszwecke identifiziert.

Bei strahlenden Sonnenschein aber heftigen Windböen begaben wir uns dann auf das Schiff, das uns zu den Walen bringen sollte. Vor Andenes fällt das europäische Kontinentalschelf abrupt in Tiefen von über 2000 Meter ab, wo Pottwale ein reiches Nahrungsangebot vorfinden. Allerdings sieht man in der Regel ausschließlich Pottwalbullen, die sich meist mehrere Jahre in diesen Gewässern aufhalten um zu fressen und zu wachsen. Weibchen und Jungtiere leben hingegen in wärmeren Gebieten des Ozeans.

Eine kurze, aber berauschende Begegnung

Nach ca. 15 Minuten Fahrzeit stellte der Kapitän den Motor des Schiffs ab. Mit Unterwassermikrofonen hörten wir nun die Umgebung nach den typischen Klicklauten der Wale, die sie zur Jagd und für die Kommunikation einsetzten, ab.

Alle starrten auf das Meer. Ich fragte mich, ob ich in die richtige Richtung blicke - wohin nur sehen um nichts zu versäumen? Doch nichts. Stille. Der Wind schaukelte das Boot heftig hin und her. Wie erleichtert ich war, dass ich zumindest nicht an Seekrankheit litt. Nach erfolglosem Lauschen, beschloss der Kapitän noch weiter zu fahren und unser Glück an einer anderen Stelle zu versuchen.

Unser erster Wal taucht wieder ab.

Wieder: Motor ab, Lauschangriff auf den Meeresgrund. Und dann endlich: das Klicken eines jagenden Pottwals. Wie schön es in meinen Ohren klang. Und dann war er auch schon aufgetaucht, mit einer Blasfontäne zur Begrüßung. Gigantisch. Schwerelos wirkend. Ich spüre die Endorphine in mir hochsteigen. “Jetzt ist es also soweit: Ein Wal. Vor deiner Nase.”, sagte ich jubelnd in mich hinein. Nach 10 Minuten Luftholen an der Oberfläche in denen weder ich, noch die anderen BeobachterInnen, den Wal auch nur eine Sekunde aus den Augen ließen, tauchte er wieder ab.

Noch ein weitere Sichtung war uns an diesem Tag vergönnt. Ich hätte noch stundenlang auf dem Meer bleiben können. Doch ich war unbeschreiblich glücklich, diese faszinierenden Tiere aus nächste Nähe gesehen zu haben und dankbar ob des Privilegs, mir diesen Kindheitstraum erfüllt haben zu können.

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