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Die unterschätzte Küstenpracht Lettlands

Die unterschätzte Küstenpracht Lettlands

Verfasst von am am 26.01.2018 um 14:45.

Ausgehend vom beliebten Badeort Liepaja, über die Hafenstadt Ventspils bis nach Riga folgten wir der Ostseeküste Lettlands.

Unsere Reise durch Lettland war begleitet von Regen und starken Windböen. Das Wetter konnte uns jedoch nicht daran hindern, immer wieder Pausen auf unserer Fahrt einzulegen, um an die Sandstrände zu gelangen und dort die Sicht auf die tobende See zu geniessen.

Bittet man Menschen die Augen zu schliessen und sich einen weißen, feinkörnigen Sandstrand vorzustellen, würden sich wohl die meisten “in den Süden” versetzt fühlen. Kaum jemand vermutet solche kleinen Küstenparadiese in einem Land wie Lettland, dass im Norden Europas eingeklemmt zwischen Litauen und Estland liegt und an das mächtige Russland und unbekannte Belarus grenzt.

Doch in Lettland sind sie zu genüge vorhanden - menschenleere Strandabschnitte, deren Stille nur durch das Schwappen der Wellen, dem Ruf der Möwen, die sich über einem vom Wind tragen lassen, und dem Zirpen der Grillen aus den angrenzenden Wäldern, unterbrochen wird. Im Gegensatz zu der überlaufenen Stränden im Süden, warten dort keine aufdringlichen Strandverkäufer oder eine feiernde Partygesellschaft, dort versperren keine Hotelanlagen wie Betonklötze die Aussicht auf das Meer und verschandeln damit die Küstenlandschaft.

Nicht vom Winde verweht

Am Kap Kolka, wo der Rigaer Meerbusen und die offene Ostsee aufeinander prallen, beobachteten wir bei einem ausgedehnten Spaziergang am Strand den Zusammenstoß der Wellen von zwei Meeren. Unser Respekt gehörte an diesem Tag den tapferen Kitesurfen, die sich vor dem Kap schwerelos durchs Wasser und die Lüfte gleiten ließen.

Übernachtung in einem Fass. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Da der Wind an diesem Tag tatsächlich außergewöhnlich stark war, befürchteten wir, dass ein geöffnetes Hubdach den Böen nicht standhalten würde. Mehr zufällig als geplant stießen wir auf eine alternative Unterbringungsmöglichkeit und beschlossen, uns das Öffnen des Daches zu ersparen und nicht im G zu schlafen.

Stattdessen verbrachten wir eine Nacht in einem ehemaligen Weinfass, ausgestattet nur mit einer Holzplattform, auf der eine Matratze als Bett diente. Das hölzerne Fass stand an einer kleinen Klippe direkt am Strand. Die Wellen in dieser Nacht waren so hoch, dass sie gegen das kleine Fenster des Fasses peitschten. “Hoffentlich ist das Fass gut verankert” war mein letzter Gedanke bevor ich einschlief.

Am nächsten Morgen stand das Fass noch an seinem Platz und der daneben geparkte G schien die Nacht trotz Meerwasser-Dusche auch gut überstanden zu haben. Einer Weiterfahrt im immer noch andauernden Regen stand also nichts im Weg. Nächster Halt: die lettische Hauptstadt.

Im Bauch von Riga

Jedes Jahrhundert hat in Riga seine Spuren hinterlassen - in der Hauptstadt Lettlands bewegten wir uns zwischen mittelalterlichen Häuser in der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Altstadt, gotischen Kirchen, von Kaufleuten gebauten, farbenprächtigen Gildehäuser und einzigartigen Beispielen des Jugendstils. Die Gebäude erzählen von lange vergangenen Zeiten, während hippe Cafes, vegetarisch-vegane Restaurants und kleine bunte Kleider-Läden den heutigen Zeitgeist widerspiegeln.

Der Zentralmarkt in Riga.

In Riga spürte man die Moderne und das, nach der langen sowjetischen Vergangenheit, immer noch starke Streben gen Westen. Den russischen Einfluss hingegen bemerkten wir beim Besuch des Zentralmarkts, auch “der Bauch von Riga” genannt. Hier, wo man an sieben Tagen die Woche allerlei Krimskrams erstehen kann, nahmen wir viel gesprochenes Russisch wahr.

In den beeindruckend großen Markthallen wurde hingegen eine breite Palette frischer Lebensmittel verkauft. Wir waren fasziniert von der akribischen Aufteilung - in einer Halle wurde ausschließlich Gemüse, in der anderen nur Fisch und in wieder einer anderen nur Fleisch verkauft. Wir saugten die verschiedenen (nicht immer guten) Gerüche in uns auf, genossen die einzigartige Atmosphäre in den Hallen und kosteten uns durch das Angebot des Marktes.

Am Rand des Marktgebietes waren wir ob des Anblicks von Frauen jenseits der siebzig, die an der Strasse - ohne Verkaufsstand und meist direkt aus der eigenen Tasche heraus - Strumpfhosen, Unterwäsche und Ähnliches verkauften, irritiert. Wie wir später von einem Einheimischen erfuhren, ist dies ein gewohntes Bild in Riga, denn viele ältere Menschen leben am Existenzminimum und versuchen über diesen Weg, ein bisschen Geld zu verdienen.

Zurück in der Wildnis

So viel Spaß es auch macht eine Stadt zu erkunden, wir tauschten danach immer gerne Urbanität gegen Natur. Ein Abstecher in den größten und ältesten Nationalpark Lettlands bot da eine willkommene Abwechslung.

Unser Stellplatz im Gauja Nationalpark.

Der Gauja Nationalpark begrüßte uns mit Sonnenschein und die Aussicht auf einen ganzen Tag ohne Regen (es sollte das erste Mal sein, seit wir die lettische Staatsgrenze überquert hatten) ließ uns auf eine Kanutour auf dem gleichnamigen Fluss hoffen.

Das Wetter hielt zwar, allerdings befanden wir uns bereits in der Nebensaison und dementsprechend hatten auch alle Anbieter einer Kanutour bereits geschlossen. Schade, aber ganz generell können wir behaupten, dass das Reisen in der Nebensaison insgesamt viel mehr Vorteile als Nachteile bringt. In unserem weiteren Reiseverlauf würden wir immer wieder an Orte kommen, deren Besuch wohl in der Hauptsaison ganz anders verlaufen wäre als er letztlich für uns war.

Im Gauja Nationalpark fanden wir jedenfalls einen ruhigen Übernachtungsplatz, umgeben von kühlen Wäldern am Ufer eines kleinen Baches. Wir freuten uns riesig, dass der Wettergott es gut mit uns meinte und wir ein Lagerfeuer an unserem letzten Abend in Lettland entfachen konnten. Das dazugehörige Grillgut befand sich ohnehin stets griffbereit in unserer Kühlbox.

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